Wir tanken noch zur Sicherheit 150l bevor wir Puerto Adra verlassen. Dann geht es los, sogar unter Segel, da es mehr Wind hat als angegeben.
Zwischendrin wird motort, dann kommt wieder Wind auf. Wir sind entsetzlich langsam über Grund, da der Kapitän zu blöde war, eine ordentliche Vorbereitung zu machen und wir mitten im ins Mittelmeer einlaufenden Wasser aus Gibraltar raus wollen. Als wir es merken, ist es schon zu spät zum Korrigieren und der Gegenstrom wird auch bald abnehmen.
Nachts nähern wir uns Gibraltar an und es wird zunehmend spannender, denn es hat jede Menge Verkehr auf wenig Raum. Immer wieder müssen Frachter angefunkt werden und freundlich, aber bestimmt, aufgefordert werden, doch bitteschön mehr Abstand als z.B. 200m zu halten. Es ist schlicht ein Unding, was manche vor haben… Sobald Kontakt hergestellt wird, ist es aber jedes Mal kein Thema und der Kurs wird von den Frachtern korrigiert.
Die Passage von Gibraltar erledigen wir bei Tag. Zuerst mal muss eine Kollision verhindert werden mit einem kleinen Frachtschiff, das auf Anrufe auf Kanal 16 nicht reagiert. Nachdem es nur noch 3,5 Meilen bis zum Einschlag sind, der Gegner 4 Knoten und wir 8 Knoten laufen und ich dann einen wahrhaft nicht zitierfähigen Kommentar über Kanal 16 los gelassen habe, meint ein anderer Frachter (mit dem wir vorher schon mal Kontakt hatten), wir sollen die Verkehrsleitstelle anrufen. Das mache ich auch, die Schlafmützen haben ja schon alles mitgehört (aber nicht reagiert), dort erfahre ich dann, dass der Frachter auf der Frequenz der Verkehrsleitzentrale Kanal 13 ist.
So klappt das dann endlich mit dem Kontakt und der Frachter dreht nach Steuerbord weg. Allerdings MUSS der auch den Kollisionskurs auf dem AIS gesehen haben!??
Danach fragt uns der 260m lange Tanker, der uns den Tipp gab, ob wir ihn BB passieren lassen können, um vor uns nach Gibraltar rein zu fahren. Wir stimmen zu, müssen aber die Genua komplett wegreffen, sonst sind wir viel zu schnell, und dann den Kurs noch 40 Grad ändern. Wir zielen auf das Heck des Frachters, der dann plötzlich voll rückwärts gibt und direkt vor uns aufstoppt. So war das natürlich nicht abgesprochen. Wir haben echt Mühe, hinter dem Frachter vorbei zu kommen…
Natürlich gibt das einen deftigen Rüffel für den Deppen auf der Brücke des Frachters durch mich, der sich auch ziemlich kleinlaut entschuldigt. So dumm kann man nicht durch die Gegend fahren – normalerweise.
Die Diskussion muss allerdings schnell beendet werden, da bereits der nächste Depp Anstalten macht, uns zu überlaufen. Auch der Hinweis von mir, dass das nicht klappen kann, ändert nichts, der fährt einfach fröhlich weiter… Wir als „vorfahrtsberechtigtes“ Segelfahrzeug müssen heftig ausweichen. Nirgends auf der ganzen Tour bisher haben wir derartig unfähige oder unverschämte Kapitäne erlebt wie hier.
Es geht gut voran und wir kommen um die Ecke bei Tarifa. Nun geht es die Küste entlang, bis wir wieder direkt die Flussmündung des Rio Guadiana anlegen können. Das ist Orca Gebiet und alsbald sehen wir auch die ersten, circa einem Kilometer entfernt springen sie aus dem Wasser. Sie haben die gleiche Richtung wie wir und immer wieder sehen wir welche. Offensichtlich interessieren sie sich nicht für uns.
Bis wir die Maschine anlassen, um Motor zu segeln. Wenige Augenblicke später sind drei Orcas zu sehen und beim ersten Anschwimmen an unser Boot nur 30 sec nach der ersten Sichtung rammt der erste Orca mit voller Geschwindigkeit unser Ruder. Wir haben uns angesichts der superstabilen Bauweise der MUFFET nicht große Sorgen gemacht, aber bei der ersten Attacke bricht die Gegenschale am Ruderquadranten. Wir sind nicht mehr steuerfähig.
Wir setzen sofort eine Pan Pan Meldung an Radio Tarifa ab und erhalten einen Arbeitskanal. Wir geben unsere Position durch, dann haben wir zu tun, die Segel zu bergen.
Rein theoretisch könnten wir mit der Notsteuerung/Notpinne weiter fahren, wenn aber die Drecksviecher nochmals dagegen knallen ist das lebensgefährlich, weil es die Pinne wild herum schlägt. Das Ruder selbst ist offensichtlich nicht beschädigt, denn es ist nach wir vor leicht beweglich.
Mittlerweile ist der Rettungskreuzer auf dem AIS zu erkennen, der sich mit 28 Knoten nähert. Gut so, denn es treibt uns unerbittlich bei 20 Knoten Wind auf die Küste zu….
Nach 20 Minuten Pause gibt es nochmals eine kurze Attacke offensichtlich gegen den Kiel. Hoffentlich hat sich das Vieh einige Zähne daran ausgebissen! Denn das Spektakel ist schlagartig vorbei.
Der Rettungskreuzer nähert sich. Niemand kann englisch, aber so gut ist dann selbst mein Spanisch noch, dass klar ist, was sie wollen.
So werden wir also nach Barbate geschleppt. Alles läuft äußerst professionell ab. In der Hafeneinfahrt liegt ein 50 Fuß Plastik-Boot auf dem Meeresgrund, welches die Orca Attacke weniger glücklich überstanden hat. Insgesamt sind schon 3 Boote gesunken (oder versenkt worden).
Wir machen fest. Danach spazieren wir ein wenig in der Gegend herum und wollen die Wurfleine an das Rettungsboot zurück geben. Da kommt der Kapitän mit seinem Auto angebraust – nächster Orca Einsatz. Einem spanischen Segelboot haben sie das Ruder halb abgebissen, der wird zwei Stunden nach uns herein geschleppt.
So kann es nun wirklich nicht weiter gehen. Die Orcas werden von alleine nicht aufhören, Boote anzugreifen. Sollten diese Gruppen hier, die das gelernt haben, dieses Verhalten an andere Orca Gruppen weiter geben, ist der Segelsport möglicherweise im ganzen Atlantik gefährdet. Diese Viecher sind einfach verrückt geworden. Und verrückte Viecher gehören abgeschossen, ohne wenn und aber. So geht das in Indien mit „geschützten“ Tigern, in Thailand mit Schlangen wenn sie nicht gefangen werden können.
Es ist ja nur eine Frage der Zeit, bis ein Mensch dabei ums Leben kommt, z.B. wenn eine Yacht sinkt und der Rettungskreuzer nicht schnell genug vor Ort ist und es irgendwelche zusätzlichen Probleme durch Wetter oder Technik mit der Rettungsinsel gibt…
Leider sind die Behörden wie überall green washed und feige und haben wahrscheinlich vor dem Shitstorm anschließend Angst. Übrigens werden auch Fischerboote angegriffen. Es ist nicht ein Problemchen, es ist ein riesiges Problem.
Mittlerweile sind hier bald 20 Yachten ohne Probleme mitten durch das Orca Gebiet, seit wir im Hafen hier liegen. Wir hatten wohl einfach Pech. Dumm gelaufen. Alllerdings sind wir viel besser dran als die 5 Boote auf der Warteliste hier im Hafen zum Auskranen und Reparieren – alles Orca Schäden. Plus 2 im Wasser….Außer uns.
Unser gebrochenes Teil wird behelfsmäßig geschweißt, es soll morgen fertig werden, dann geht es übermorgen weiter. In Portimao soll es dann eine Neuanfertigung geben.
Wir fragen mal morgen im Fischerhafen nach dem einzig wirksamen Gegenmitteln gegen die Orcas. Natürlich ist das nicht ……..