Nach Ankunft in der Shelter Bay Marina in Colon waren wir natürlich zuerst mal damit beschäftigt, das Boot wieder fahrbereit zu bekommen. Als es absehbar ist, dass das klappen wird, beauftragen wir eine Agentur mit der Transitabwicklung. Ohne Agentur geht es zwar theoretisch, aber wirklich nur rein theoretisch. Mindestens sollte man fließend spanisch sprechen und Nerven wie Drahtseile haben.
Wir beauftragen also die Agentur die uns Justin der Skipper der Überführungscrew nach Singapur empfohlen hat am Donnerstag.
Das ganze Kanalprocedere beginnt mit der „Vermessung“. Das heißt Aufnahme der Bootsdaten, Cruising Speed und Maximum Speed, Tonnage, Länge über alles, Breite über alles (mit Fender), Entfernung der Position des Advisors von der Bootsspitze usw usw.
Die Lady die zum Vermessen kommt ist sehr nett und wir unterhalten uns recht entspannt. Sie würde sogar gerne mitfahren, da sie noch nie einen Kanaltransit auf einem kleinen Boot mitgemacht hat.
Nur ein Problem produziert sie, obwohl sie von mir und von einem zufällig vorbeikommenden Mitarbeiter der Agentur darauf angesprochen wurde: Sie trägt statt 6 Knoten Cruising Speed in das Feld die 8,5 Knoten ein.
Aber die Lady behauptet stur und fest, alles wäre so okay.
Am Montag morgen war also die Vermessung, nachmittags dann die Mail, wir haben unseren Transit am Mittwoch, 17.02.! Es ist zur Zeit eigentlich Hauptsaison, aber natürlich ist angesichts der Paranoia nichts los und so geht es rasend schnell.
Wir sind angehalten, am Mittwoch um 13 Uhr auszulaufen und uns in die Anchorage vor der Marina zu verlegen zur Aufnahme des Advisors. Der soll um 5pm boarden bei uns.
Dummerweise werde ich zum Dienstag hin ernsthaft krank, ich habe mir durch das stundenlange Tauchen in der Badehose zur Propellerreparatur eine schwere Blasenentzündung eingefangen. Wasserlassen ist der Horror, Fieber, Schüttelfrost, das ganze Programm. Ich fange an, Antibiotika zu nehmen, aber es dauert bis es besser wird. Einen Moment lang überlegen wir, den Transit zu verschieben.
So, jetzt braucht es nur noch 3 Linehandler, denn jedes Boot muss einen Kapitän plus 4 Linehandler haben . Wir fragen in der Marina herum. Scott der Neuseeländer vom Nachbarboot sagt gleich zu, er ist Gast auf dem Boot und will zurück nach Neuseeland via Fidschi. Dann fährt noch Marc mit, ein Deutscher von einer anderen TO Yacht hier im Hafen. Den vierten Linehandler buchen wir dann über die Agentur, kostet uns 100 Dollar zusätzlich.
Alle sind pünktlich da und wir laufen um 13 Uhr aus. Wenig später liegen wir vor Anker. Ich melde Cristobal Signal Station dass wir da sind, leider hat sich unser Advisor Boarding auf 7pm verschoben.
Die 3 Kammern der Gatunschleuse zum Gatunsee hinauf werden wir also in der Nacht machen (müssen).
Der Advisor kommt nicht um 19 Uhr sondern um 19.25 Uhr und macht gleich mal Hektik. Alles soll schnell gehen und als es beim Anker auf gehen ein paar Mal die (wegen der neuen Ankerwinsch) zu schwache automatische Sicherung heraus haut wird er schon nervös.
Wir fahren also los und ich soll 8,5 Knoten fahren, da „wir“ spät dran wären. Also wir waren schon stundenlang da, der einzige, der zu spät kam, war er. Ich erkläre ihm also, dass das unsere Emergency Speed ist und das kein Emergency Fall ist hier. Die Lady hat bei der Vermessung Scheiße gebaut und falsch eingetragen, dafür gibt es sogar Zeugen. Wir fahren also mit dem, was ich unserem Motor zumuten möchte, mit 7,3 Knoten Richtung Gatun Schleuse. Angeblich wartet dort schon ein großer, aufwärts wird immer so geschleust dass ein Großschiff zuerst in die Kammer fährt und dann Sportboot(e) kommen.
Eine Meile vor der Schleuseneinfahrt soll ich langsam fahren, letztendlich stoppen wir sogar auf, da noch Bugsierschlepper in der Schleusenkammer sind und zuerst raus müssen. Die ganze Hektik komplett umsonst, wir warten 10 Minuten.
Die Einfahrt in die erste bzw das Festmachen geht mal so richtig schief. Der landseitige Linehandler der Kanalgesellschaft backbord vorne macht keine Anstalten, die Leine einzuholen, angeblich weil nicht genug Leine im Wasse ist. Unser Linehandler an Bord gibt nicht mehr aus, weil eh schon was im Wasser herum liegt und so kommt es wie es kommen muss bei 2 Knoten Strömung in der Schleusenkammer, wir krachen mit dem Anker an die steuerbordseitige Schleusenwand. Mittlerweile ist auch die panamesische Schlafmütze aufgewacht und macht Anstalten, die Leine einzuziehen. Ich bin maximal geladen, da ich den Eindruck hatte, dass der große Kahn vor uns entweder noch die Schraube laufen hatte oder die erst gerade abgestellt hatte, als wir dahinter angekommen waren, was soll das? Jedenfalls ist nichts kaputt gegangen.
In den nächsten zwei Kammern läuft alles problemlos, wir fahren in den Gatunsee und machen dort an einer Boje fest zum Übernachten. Der Advisor geht von Bord und wir schwitzen vor uns hin, das Wasser hat über 30 Grad.
Am nächsten Morgen kommt der Advisor zwischen 7 und 8 Uhr, das heißt wir stehen um 6.30 Uhr auf. Ich habe immer noch Fieber und praktisch nicht geschlafen und bin entprechend fit.
Der neue Advisor kommt gegen 8.20 Uhr. Heute ist keine Eile angesagt, wir haben ca 25 Meilen auf dem Gatunsee und dem eigentlichen Kanal bevor es in den Sao Miguel Locks wieder hinunter geht. Mit und schleust ein Autotransporter der morgens aus der Gatunschleuse kommt als wir dort passieren, aber zuerst mal vor Anker geht da er ja viel schneller ist als wir.
Mit unserem neuen Advisor sprechen wir über das Thema der Zeit, er sieht gleich, dass wir nicht zu den Zeugen Coronas gehören, und ist heilfroh darüber. Er denkt nämlich genau das Gleiche wie wir und ist top informiert. Ich kann ihm zwar noch ein paar Neuigkeiten erzählen, aber im Prinzip weiß er alles. Die Situation in Europa wird genau verfolgt, insbesondere die Proteste gegen die Paranoia, denn in Panama ist absolut tote Hose. Es wundert einen auch nicht, denn jeder läuft hier überall zu jeder Zeit z.B. auch allein im Freien mit einem Maulkorb herum. In den Einkaufszentren sind ca 20 Prozent der Irren hier mit Faceshield und FFP2 Maske unterwegs.
Die Capitania fährt und ich kann mich hinlegen und den Schlaf nachholen, zumindest etwas. Es ist wahrhaft sinnlos heiß, zwischen 35 und 40 Grad. Kein Lüftchen bewegt sich, wir haben zwar 6 Knoten Wind, aber genau von hinten und wir fahren genau 6 Knoten – Ergebnis Null. Ich kippe mehr alle 10 Minuten kaltes Wasser über den Kopf und über das T-Shirt um nicht zusammen zu klappen…
Wir schleusen durch die letzte Kammer der Miraflores Schleuse und schwupp sind wir im Pazifik. Ganz unspektakulär!
Ein kleines Stück hinter der Brücke setzen wir am Balboa Yacht Club unsere Linehandler und die Leinen ab, noch ein Stück weiter verlässt uns Edgar unser Advisor und wir fahren in großem Bogen auf die andere Seite der vorgelagerten Insel in die Flamenco Marina.
Was der ganze Spaß kostet? Alles zusammen um die 2800 Dollar….