Von Tikehau nach Rangiroa ist es nur ein Katzensprung, eigentlich gut am Tag zu bewältigen, wenn da nicht … die Einfahrt in den Pass in Rangiroa wäre.
Rangiroa ist das zweitgrößte Atoll der Erde, ca. 42 Seemeilen (ca 78km) lang und 18nm (ca 33 km) breit. Es gibt zwei Pässe, durch die im Prinzip das ganze Wasser heraus- und teilweise auch herein läuft. Und da geht es ordentlich zur Sache. Im größeren der Pässe hat es bis zu 9 Knoten Strom bei ungünstigen Verhältnissen, da geht gegenan mit Motor genau gar nichts. Und weil das Timing immer etwas unklar ist, denn je nach Wind und Schwell sind die Zeiten mit ein- oder auslaufendem Wasser völlig anders, fahren wir das kurze Stück nachts, dann haben wir den ganzen Tag zum Warten vor der Einfahrt auf passende Verhältnisse – falls das nötig sein sollte.
Leider kommt die ISIS nicht mit, sie wollen die gute Internetverbindung noch nutzen, um ihren Ersatzteilversand zu regeln. Natürlich hat es auf der nächsten Insel wieder Internet, zumal es da ja auch nennenswerten Tourismus gibt.
Wir fahren also spät abends mit auslaufendem Wasser und flotten 9 Knoten über Grund aus Tikehau aus und bummeln mal segelnd, mal motorend Rangiroa entgegen. Kurz vor Rangiroa noch kurze Aufregung noch voll in der Nacht, ein (vermutlich) Fischer hat mal wieder nichts besseres zu tun als direkt auf uns zuzuhalten. AIS hat er nicht an, aber das MARPA System im Radar zeigt eindeutig einen Kollisionskurs. Wir verduften schimpfend, denn wenn die Idioten ihr AIS anhätten, wäre alles viel entspannter.
Wir sind zu früh da. Sooo langsam kann man ja auch kaum fahren! 30 Meilen in einer Nacht……Also lassen wir uns unweit der Einfahrt ins Atoll treiben und schlafen eine Runde.
Bei Tageslicht nähern wir uns der Einfahrt am Avatoru Pass. Slack soll es erst drei Stunden später haben und so sieht es auch aus: Auslaufendes Wasser, wilde stehende Wellen ca 1 Meile ins Meer hinaus und ein Gischtstreifen darüber, den man bei der flach stehenden Sonne frühmorgens besonders gut sehen kann.
Bow will abwarten, ich bin dafür, das näher anzuschauen.
Den größten Teil des „Wildwassers“ kann man seitlich passieren, da hat es erstaunlich wenig Strom oder sogar Gegenstrom. Riesige Wirbel in denen das Schiff Karousel fahren möchte.
Wir kommen weitgehend ungeschoren bis in die Nähe der Einfahrt zum Pass und müssen nur wenige Meter in den stehenden Wellen gegenan (Siehe Bild oben). Es hat ca 5 bis 5,5 Knoten auslaufendes Wasser (der Führer meldete maximal 4 Knoten…).
Mt einem Knoten über Grund geht es in den Pass hinein, auch weiter innen wird es nicht besser, da ist es zwar viel weiter, aber auch viel flacher. Erst hinter der Schwelle in der Lagune mit glasklarem Wasser hört es fast schlagartig auf. Geschafft.
Wir fahren zum Ankerfeld in der Nähe des Tiputa Passes und frühstücken. Dann geht es zum Einkaufen. Wir brauchen Brot, Obst und Gemüse. Rein ins Dinghi und rüber in das kleine Hafenbecken.
Noch bevor wir das Dinghi fest machen können, schreit es schon „Maske auf“. Häh, im Freien bei 30 km/h Wind? Es gibt hier anscheinend eine Maskenpflicht im Freien und am Hafen stehen zwei „guide sanitaire“, irgendwelche (unterbelichteten) jungen Damen, die die Einhaltung der „Hygieneregeln“ durchsetzen sollen.
Ich erkläre der Dame freundlich, dass das verrückt ist, was sie hier verlangt – und wir machen es schlicht nicht. Sie murmelt irgendwas von Strafzettel – mal sehen.
Wir gehen einkaufen, natürlich mit der lächerlichen Maske im Laden, andere haben vielleicht Angst….
Nur unsere Kärtchen zum Aufladen des Internetguthabens sind ausverkauft – die gibt es 12 km weiter in der Post.
Zurück im Hafen das gleiche Masken-Kasperle-Spiel wieder. Jetzt reicht es langsam, ich schnauze die Dame an, sie möge sich bitte mal über das nicht vorhandene Infektionsrisiko im Freien informieren und dazu wissenschaftliche Literatur lesen. Zahlreiche Einheimische verfolgen das Spektakel interessiert, offensichtlich passiert es nicht so oft, dass die „Hygienebeauftragten“ contra bekommen.
Übrigens interessiert sich die Polizei einen Scheiß dafür, ob wir im Freien die Gesichtswindel auf haben oder nicht.
Nachmittags verlegen wir dann das Boot vor das andere Dorf. Wir fahren mit dem Dinghi an Land, ups, hier ist alles viel entspannter. Keine depperten „guide sanitaire“ unterwegs, die die Bevölkerung terrorisieren.
Wir fragen nach der Post, die ist nicht weit weg und sollte offen haben. Hat sie aber nicht, diese Woche ist nachmittags geschlossen „aus Servicegründen“. Sollte wohl eher „Nicht-Service“ heißen… Wir bleiben also über Nacht und beehren die Post früh morgens noch mal. Wir kaufen jede Menge Aufladekarten (10 Stück) – doch mit Kreditkarte zahlen geht nicht. Also hier nicht. In einer anderen Post hatten wir sehr wohl schon mit Karte bezahlt. Egal, wir haben genug Bargeld. Ich frage nach dem nächsten Geldautomaten. Ist nur 6 km weg, am Flughafen. Also, in beiden Dörfern gibt es keinen Geldautomaten, nur am Flughafen – wo keiner wohnt. Eine wahrhaft gelungene Infrastrukturplanung.
Wir verduften vor Maskenwahn lieber zur „blauen Lagune“ im Süden von Rangiroa. Es hat die nächsten zwei Tage praktisch keinen Wind (sehr selten hier!!) und wir wollen die Gelegenheit nutzen, dort zu ankern – was normalerweise wegen der exponierten Lage unmöglich ist.
Bei ziemlich schlechtem Wetter fahren wir gen Süden, Regenschauer, bewölkt. Das geht nur, weil ein Korridor zur blauen Lagune kartographiert ist.
Durch die Schauer hat es ziemlich Schwell und die ersten Stunden vor Anker auf ca. 8m sind extrem ungemütlich, dann dreht der Wind auf Süd (wie und woher auch immer) und der Spuk ist schnell vorbei.
Wir besichtigen die Lagune, na ja, ganz nett, aber auch nichts sooo außergewöhnliches – von der Optik her. Ansonsten ist es natürlich schon crazy, dass es in einer Lagune eine Lagune gibt. Außer uns ist nur ein einheimisches Boot hier, die kleine Familie lebt auf dem Boot und reist dabei ganzjährig quer durch franz. Polynesien.
Mittlerweile haben wir das schon öfters gesehen und wir haben das immer für eine tolle Idee gehalten. Nun bin ich eher überzeugt, dass Kinder regelmäßig (also nicht nur alle paar Wochen) Kontakt zu Gleichaltrigen benötigen und die selbstgewählte Isolation vielleicht den Interessen der Eltern entgegen kommt, aber für eine Sozialisierung der Kinder gänzlich ungeeignet ist.
Manche der Kinder sind „etwas verhaltensauffällig“, also über das Maß weit hinaus, das ich als ehemaliger Lehrer durchaus kenne.
Ist natürlich schwierig, wenn die Eltern auch schon so aufgewachsen sind wie bei dem Boot in der Nachbarschaft und auch nichts anderes kennen.
Das Wasser hier ist erstaunlich trübe und da es nach der zweiten Nacht anfängt aus N zu blasen verschwinden wir schnell, die Nachbarn kommen abends hinterher. Wohl doch zu ungemütlich bei 15 nm Fetch.
Da wir Ersatzteillieferungen organisieren müssen, fahren wir gar nicht weiter in die riesige Lagune hinein, sondern bleiben in der Hauptanchorage bei den Dörfern. Ein Polizeiboot kommt, wir rechnen mit einer Kontrolle, aber nein, sie kassieren 2500 PFR Abfallgebühr pro Woche (ca 20 Euro). Das ist okay, denn die Müllentsorgung vom Schiff ist ein riesiges Problem hier. Hier gibt es große Container für die Segler, in Fakarava übrigens auch. In den kleineren Atollen gibt es keine Müllentsorgung und jeder Einheimische verbrennt jede Art von Abfall selbst. Umweltschutz geht sicher anders.
Wir fahren mit dem Dinghi das kutze Stück zum „sentier aquatic“, eine Art Lehrpfad am Tiputa Pass. Das ist wirklich sehr hübsch da, viele Korallen und viele Fische. Warum die da sind sehen wir gleich, als ein Touriboot mit Kreuzfahrer-Touristen auch an den Bojen fest macht – die Fische werden angefüttert.
So richtig „warm“ werden wir mit Rangiroa nicht. Mir tun die armen Leute leid, die alleine in ihrem Motorboot sitzen und eine Maske im Gesicht haben. Die Verbrecher sind allerdings die, die diesen Leuten ständig Angst einjagen…..
Wir treffen Chloe und Axel wieder, die jungen Kanadier mit den großen Plänen. Sie sind auf dem Weg nach Panama, um in der Wintersaison in der Karibik zu verchartern. Mit den beiden beobachten wir die Delphine im Tiputa Pass, die in den stehenden Wellen spielen.
Wir gehen mit Cecile und Ferdinand zum Driftschnorcheln in den Tipuka Pass. Na ja, so la la. In Tahanea und Fakarava ist es wesentlich besser.
Cecile und Ferdinand sind ein Pärchen aus Nordfrankreich, sie sind hierher geflogen und wollten franz. Polynesien bereisen. Da haben sie gemerkt, dass das mit nur mit einem Boot richtig funktioniert und haben sich ein 7m Bötchen gekauft und segeln damit hier herum. Ohne jemals zuvor gesegelt zu sein. Es sind von Tahiti immerhin ca. 400km über das offene Meer.
Respekt, dass das bisher gut ging, die Bedingungen hier sind teilweise ganz schön heftig (wenn man z.B. bedenkt, dass in eine Hanse 56 von Bekannten eine Welle von achtern eingestiegen ist).
Die ISIS hat es in den 2 Wochen hier nicht hierher geschafft, so dass wir sie wahrscheinlich erst durch Zufall irgendwo mal wieder treffen werden.
Abends sind wir beim franz. Nachbarboot bei Maude und Owen, denen wir mit Informationen und nautischen Führern geholfen haben, zum Essen eingeladen. Die hatten – wie so viele – auch nichts an Bord. Maude ist aus Frankreich, Owen ist aus den USA und beide leben im Corona Gefängnis – in Australien. Ausreise war nur möglich, weil beide ausländische Staatsbürger sind, aber Owen muss mindestens 3 Monate weg bleiben, sonst drohen 50 000 AU$ Strafe.
Maude und Owen begleiten wir zum Surfen in der Brandung am Avaturo Pass. Ich liege gemütlich in der Hängematte im Schatten, so lässt es sich aushalten. Die Surferei findet unmittelbar am Riff statt – einmal 20m zu weit gesurft, haut es einen in die Felsen. Ein Local verletzt sich schwer, nachdem wir schon wieder weg sind.
Aus der geplanten Abfahrt Richtung AHE Atoll, wo es besonders klares Wasser geben soll, wird es nichts – zu wenig Wind. Wir verschieben das um einen Tag.
Am nächsten Tag hat es genug Wind, die ISIS und SEA BEAR kommen zusammen aus Tikehau herüber und behaupten, es hätte 28 Knoten Wind und 4 m Welle.
Leider hat es mich mit einer Magen/Darmgeschichte übel erwischt, wir wollen trotzdem los.