Endlich sind wir Indonesien entkommen. Anders kann man es schon fast gar nicht mehr sagen.
Was ist eigentlich passiert? Beim Einklarieren hat unser „Agent“ einen riesigen Bockmist gebaut, indem er uns erklärte, „you are free to sail Indonesia“ – without sailing permit oder port clearance oder was auch immer. Eine Überprüfung der Aussage auf der Webseite noonsite.com, die Referenz für Regelungen aller Länder Sportboote betreffend, ergab keine gegenteilige Erkenntnis. Demzufolge sind wir nach 6 Tagen aus Tual in den Molukken abgefahren.
Leider war die Aussage des Agenten Bullshit und die Information in noonsite falsch. Die Information auf noonsite stammt allerdings aus dem amtlichen indonesischen „vessel declaration system“ des Zolls, dort in den „Recommendations for foreign vessels“ veröffentlicht, die wörtlich in noonsite eingestellt war. Dummerweise ist die amtliche Information mindestens „unvollständig“, denn eine port clearance, die benötigt wird, kommt dort trotz detaillierter Beschreibung des clearing Prozesses nicht vor. Die amtliche Information ist falsch, deswegen ist es auf noonsite.com falsch und deswegen bringt auch eine Verifizierung der Aussagen des Agenten auf noonsite logischerweise kein sinnvolles Ergebnis.
Aufgefallen ist die fehlende port clearance Ende Juli in Lombok. Eine Kontaktaufnahme mit dem Agenten ergab eine Zusage, das Papier umgehend zu beschaffen, gegenüber der Managerin der Medana Bay Marina in Lombok behauptete er sogar, das Papier zu haben, er müsse es nur schicken. Nun, einen Monat hat er gar nichts gemacht, jedenfalls kam keine port clearance und keine Rückmeldung, was gerade passiert.
In Batam Nongsa Point Marina gegenüber Singapur angekommen begann dann das Drama. Zuerst wurde uns schlichtweg nicht geglaubt, dass der Agent Mist gebaut hat. Es wurde uns unterstellt, wir hätten keine Lust gehabt auf die port clearance zu warten. Nun ja, selbst in Indonesien, wo ein clearance Prozess auch mal 1,5 Tage braucht, sind sie normalerweise in der Lage, so ein Papier innerhalb von 5 oder 6 Tagen zu erstellen. Es kostet auch nichts, deswegen wäre es wirklich schwachsinnig gewesen, ohne ein benötigtes Papier los zu fahren.
2 Wochen folgendes Spiel: Batam harbour master sagt, er ruft nicht in Tual an, weil das Problem aus Tual kommt, Tual harbour master macht einfach gar nichts. Bzw belügt dann die mittlerweile eingeschaltete deutsche Botschaft, indem er behauptet, wir wären gar nicht in Tual gewesen. Das ist natürlich die dümmste Lüge überhaupt, da wir Papiere von Health, Immigration und Customs aus Tual haben…. Überhaupt interessieren sich die tollen harbourmaster nicht dafür, dass die amtliche Information im vessel declaration system falsch ist, denn das ist ja eine andere Behörde….Elendiger Saustall!
Wir finden dann noch eine WhatsApp Sprachnachricht vom Agenten Jhords, indem er genau das bestätigt, was wir die ganze Zeit schon sagen. Endlich fühlt sich dann die Marinaverwaltung in Nongsa Point und die Chefin der Agentur in Bali, mit der wir rein gekommen sind, bemüssigt, etwas intensiver tätig zu werden.
Letztendlich dauert es dann aber nochmals fast 1,5 Wochen, bis der Hafenmeister in Tual sagt, er möchte eine Erklärung von uns, dass WIR uns für die Fehler unseres Agenten entschuldigen – nachem er schon eine Woche lang wollte, ich solle nach Tual fliegen um die port clearance selbst zu holen. Leider mal wieder mit den dümmsten Lügen überhaupt, nämlich er bräuchte die Originaldokumente. Ich biete ihm notariell beglaubigte Kopien an, danach ist keine Rede mehr von Originaldokumenten. Dann behauptet er, ich müsse die port clearance unterschreiben – es gibt nicht mal Platz auf dem Formular, damit dort der Kapitän unterschreiben kann. Ich gehe also davon aus, dass die Typen dort in Tual jede Menge Geld abpressen wollen und weigere mich schlicht, dahin zu fliegen.
Irgendwann haben sie es dann auch kapiert, dass das wohl mit dem schnellen Geld nichts wird und es genügt die oben genannte Entschuldigung. Wollten sie als Video haben, um es durch die sozialen Medien zu ziehen – krankes Gesindel. Video gibt es natürlich nicht.
Also Tual fertigt dann die port clearance, Batam die internationale port clearance – nicht ohne von mir zu verlangen, eine Erklärung zu unterschreiben, dass ich sie anschließend nicht verklagen werde. Eine Behörde, die so eine Erklärung will?? Die sind wohl selbst nicht davon überzeugt, dass das, was hier abging, rechtmäßig war? Ich unterschreibe – aber mit der Ergänzung, dass ich dazu gezwungen wurde, um Indonesien verlassen zu können. Damit ist die Unterschrift nichts mehr wert da sie erpresst wurde.
Dann will Batam harbourmaster noch ein Video, dass wir unmittelbar nach Erhalt der Papiere ablegen. Es ist bereits 21.30 Uhr und stockfinster und wir denken ja gar nicht daran, also wird ein Fake Video gedreht, wie wir den Steg verlassen und „ablegen“. Es wird der kürzeste Trip bisher, 5 Minuten später haben wir wieder fest gemacht. Wenn es den Kindergarten glücklich macht….
Natürlich laufen dann in dem ganzen Durcheinander unsere Visa ab. Dank der Agentur erhalten wir „Onshore Visa“, zum Spottpreis von zusammen 400 Euro für die Verlängerung….Insgesamt haben wir für Indonesien Visas nun 1105 Euro ausgegeben, denn bei der ersten Runde wurden wir auch bereits abgezockt. Da wurde die Agenturchefin richtig böse, als ich mal die „Preise“ erklärt haben wollte……
Am 17.09. verlassen wir das gastfreundliche Indonesien auf Nimmerwiedersehen. Das ist wirklich ein übles Dreckloch. Die Menschen sind in der Regel super hilfsbereit und meist aufgeschlossen, nur überall wo es um den Bootssport geht glauben Agenturen und wohl auch Behörden, dass es völlig normal ist, die Foreigners auszuplündern. Wir haben mittlerweile dermaßen viele derartige Geschichten gehört, dass es nicht ein unglückliches Ereignis bei uns war sondern das landesweit System hat.
Zuerst heißt es mal auf die andere Seite des Verkehrstrennungsgebietes Richtung Singapur zu kommen. Ein Frachter nach dem anderen rauscht hier durch, dazu kommen Ferries zwischen Indonesien und Singapur und Mini-Fischerboote, die sich überall im Verkehrstrennungsgebiet herum treiben.
Es geht mit Strom von achtern flott voran mit um die acht Knoten, in einem Schauer setzen wir gerade die Genua zusätzlich, da kommt schon die Singapur Küstenwache zur Kontrolle angedüst. Woher wohin, Nationalitäten an Bord usw usw. Leider ist die Kommunikation inmitten schwerer Regenschauer und mit laufender Maschine etwas schwierig. Irgendwann wissen sie dann genug oder haben von unserem „unreadable“ die Nase voll.
Fahrt durch die Hölle der Malacca Strasse
Gegen Abend tauchen zuerst über der indonesischen Seite, dann auch über der malayischen Seite Gewitter auf, die sich letztendlich zu der gefürchteten Gewitterwalze entwickeln, die im September im Schnitt 13 mal im Monat die Malacca Strasse herauf ziehen.
Wir haben bei 20 Knoten Wind noch die Genua draußen, als plötzlich Böen mit bis zu 45 Knoten einfallen. Beim Wegreffen zerlegt es eine große Genuawinsch, wie wir inzwischen wissen, hat es die Sperrklinken glatt zerbröselt….Zwei Stunden bläst es mit über 40 Knoten anhaltend, manchmal wird es gar nicht mehr dunkel zwischen den Blitzen. Es hat pro Minute sicher mindestens 30 Blitze in unmittelbarer Umgebung. Die Sicht ist natürlich Null, Bow verfolgt am Plotter, dass wir nicht vom Kurs abkommen und unter einem Frachter landen, ich bin draußen. Der Regen ist wie ein Sandstrahlgebläse, gegen den Wind zu schauen geht nur mit Taucherbrille. Aber man sieht eh nichts…. Glücklicherweise bekommen wir keinen Treffer ab, das gäbe einen Schaden von weit über 10 000 Euro und die Versicherung hat die Malacca Strasse schon mal ausgeschlossen…. Warum nur?
Irgendwann wird es dann weniger, wir sind noch etwas geschockt, wie schnell es eine Winsch zerlegen kann, bauen dann aber rasch um und legen die Genua Schot auf eine alte (viel zu kleine) Genuawinsch.
In der zweiten Nacht sind wir am Ende des Verkehrstrennungsgebietes. Zuerst mal passieren wir noch im Verkehrstrennungsgebiet ein unbeleuchtetes vor Anker liegendes lokales Boot – ziemlich knapp. Irgendwie gibt es schon ziemlich kranke Typen. Aber es kommt noch besser. Unmittelbar am Ende des Verkehrstrennungsgebietes kommt von achtern ein 70 m langer malayischer Frachter auf. Der muss uns schon seit Stunden auf dem AIS sehen, denn er fährt nur wenig schneller als wir. Der versucht nun, uns mit hektischen Lichtsignalen zum Ausweichen zu nötigen, wohl weil er denkt, wir wären ein Fischerboot. Also wer von achtern kommt hat sich frei zu halten – nicht aber hier in Malaysia offensichtlich. Auch das Einschalten sämtlicher Lichter, womit nun klar erkennbar ist, dass eine Segelyacht vor ihm fährt, ändert nichts daran, dass es gleich krachen wird. Da sich im Laufe des Tages schon mal ein Speedboot etwas unkonventionell verhalten hatte, haben wir bereits Seenotsignale schussfertig im Cockpit liegen. Ich schieße also mal eine erste Runde so halbwegs in die Richtung des Frachters – aha, jetzt hat er es kapiert und reißt das Steuer herum. Was für ein Vollidiot! Es sind keine 100m mehr bis es kracht.
In der nächsten Nacht meint dann ein Fischer, der sich gerade auf die Heimfahrt macht und nicht mehr fischt, dass er uns unmitelbar vor den Bug fahren muss. Da wir nur die Genua draußen haben und unter Maschine fahren ist es kein Problem, die Fahrt fast auf Null zu reduzieren. Machen die das eigentlich mit Absicht oder sind die besoffen oder bekifft?
Wir fahren nun nachts unter stämdigem Radareinsatz mit automatischen Überwachungszonen. Das ist die einzige Möglichkeit, halbwegs sicher die Fischer zu entdecken, die gelegentlich nur mit einer blinkenden LED als Beleuchtung durch die Gegend fahren. Ab einer halben Meile werden fast alle Boote erkannt….Allerdings ist dann nicht mehr allzuviel Zeit das Problem zu identifizieren, die Fahtrichtung des Gegners in der Nacht zu ermitteln und Gegenmassnahmen einzuleiten. Auch finden sich nun wieder jede Menge fest verankerte Bojen mitten im Meer, auch 100 km von der Küste entfernt. Es ist halt nur 50m tief, da geht das ohne Probleme.
Es hat Unmengen große Fischerboote, uns wundert, dass im Meer überhaupt noch etwas schwimmt, was wie ein Fisch aussieht.
In der letzten Nacht sind wir schon östlich von Phuket in der Gegend der touristischen Inseln. Hier hat es nur noch wenige Fischer, die dafür mit noch weniger Beleuchtung…. Die Capitania kann vor lauter Aufregung, dass wir demnächst in Thailand sind, gar nicht mehr schlafen.
Obwohl wir bereits 400 Euro für clearance in Phuket bezahlt haben, fahren wir nach Krabi. Zum einen hat uns die Agentur in Phuket übel belogen, es braucht nämlich keine…. Zum zweiten werden da meiner Meinung nach Phantasieposten abgerechnet und zum Dritten müssen Unmengen Papiere angeblich vorab ausgefüllt und geschickt werden unter anderem 8 Seiten „Gesundheitspapiere“. In Krabi geht das ohne, und zwar komplett ohne. Hinfahren und Guten Tag sagen. Nur Impfnachweis ist erforderlich.
Wir laufen also nach 4 Tagen und 3 Stunden und 570nm morgens gegen 9 Uhr perfekt mit auflaufender Flut in Krabi ein. Die Port Takola Marina schickt uns ein Dinghi, das uns durch die enge Einfahrt lotst. Beim Festmachen noch ein Schock, der Propeller dreht nicht wie er soll auf „rückwärts“, ich sage dem Personal, sie sollen uns mit den Leinen aufstoppen. Wir sind sowieso superlangsam, kein Problem. Kaum sind wir fest, macht auch der Prop wieder das, was er soll. Das nächste Mal nach fast 100 Stunden ununterbrochener Betriebszeit heißt es den Prop vorher testen!
Am gleichen Tag geht es noch zur Immigration, alles easy, Bow hat zwar einen abgelaufenen Thai-Pass, aber eine gültige ID Karte, so kostet es nur 200 Baht (ca. 6 Euro). Die Beamten sind superfreundlich und hilfsbereit.
Am nächsten Tag haben wir dann schon einen Leihwagen und fahren zu Customs, auch hier ist in 30 min alles erledigt.
Das nächste Projekt ist das Bankkonto. Für ein Rentnervisum braucht es zum Nachweis der finanziellen Mittel ein Bankkonto – allerdings braucht es für ein Bankkonto ein Rentnervisum. Bei mehreren Banken und verschiedenen Filialen blitzen wir ab. Das Problem ist bekannt, aber leider, leider… geht das halt nun mal gar nicht, ein Bankkonto mit visa on arrival zu eröffnen. Dann werden die unsinnigsten Bescheinigungen verlangt, z.B. die überbeglaubigte Heiratsurkunde auf Thai im Original. Wir wissen nicht mal, ob wir die überhaupt noch haben oder die bei der Registrierung der Ehe in Thailand abgeben mussten…Eine andere Bank wollte eine Bescheinigung vom deutschen Konsulat, dass wir wirklich in Thailand bleiben wollen…. Mir ist der südostsiatische Irrsinn nun allmählich zuviel und ich sag einfach, wenn die Trottel hier nicht wollen, dass ich Geld ins Land bringe, dann gehen wir halt wohin, wo wir willkommen sind. Tagelang wegen einem dämlichen Bankkonto in der Gegend herum fahren…
Wir rufen dennoch mal beim Konsulat an, dort empfiehlt man uns ein 90 Tage non immigrant visa zu beantragen. Wir also wieder zur Immigration, vom 90 Tage non immigrant will der Chef nichts wissen, aber er greift zum Telefon und ruft bei der Bank an….. Wir wieder zur Bank…Die Gangster erpressen noch eine Unfallversicherung für 150 Euro pro Jahr…grr…sinnigerweise zahlt die bei einem Motorradunfall auch gar nicht. Aber das Ding lässt sich ja kündigen und sobald das Rentnervisum vorliegt wird die Bank gewechselt. Erpressung kann ich nun mal nicht leiden!
Mit den Konto nun ist der schwierigste Schritt zum Rentnervisum erfolgreich erledigt. Was für ein Affenzirkus! Wir genießen Thailand in vollen Zügen, insbesondere endlich wieder Thai food – leckeres Essen! Und die Preise sind, wenn man aus dem Pazifik kommt, geradezu lächerlich – auch wenn hier alles teurer geworden ist. Aber wir sind meilenweit von den Kosten in der bunten woken Republik entfernt.
Bow hat endlich wieder die Möglichkeit, am thailändischen Muttertag in den Tempel zu gehen.
Wir haben noch jede Menge Bürokratie zu erledigen. Bow braucht einen neuen Pass, ich einen thailändischen Führerschein, usw.. Dann müssen wir uns nach einem Auto umschauen, denn ohne geht hier gar nichts.
Den Wassermacher haben wir schon konserviert. Wir werden das Boot aus dem Wasser nehmen und gründlich überholen. Die Genuawinsch benötigt neue Sperrklinken. Jetzt muss am Lack auch was gemacht werden. Alle Segel müssen zur Reparatur. …Ob wir das Boot dauerhaft hier halten können, wissen wir noch nicht. Die Marinas haben nämlich durchaus europäisches Preisniveau.