Um zeitig weg zu kommen und um die anderen in der Marina nicht zu stören, haben wir uns vor Anker gelegt. Das ist im übrigen wesentlich komfortabler als bei dem Dauerschwell in der Marina am Steg zu liegen. Ständig reißt es an den Leinen und zwei unserer Ruckdämpfer aus Gummi hat es bereits zerlegt.

Um 6.30 Uhr im ersten Morgenlicht heißt es Anker auf – und sogleich gibt es wieder ein Problem(chen?), die Ankerwinsch macht nicht das, was sie soll. Nun, es hängt auch ein sicher 30 kg schwerer Klumpen aus Schlick am Anker  dran, aber das sollte sie eigentlich spielend wegziehen. Macht sie aber nicht, sondern es rattert wie wenn Zahnrädchen „überspringen“….. ganz ungut….
47 nm liegen vor uns. Zuerst geht es unter Motor nach Norden im Kanal zwischen Sao Vicente und Santo Antao, um dann, so bald es geht, gegen den NE Wind unter Segel nach SE zu fahren.
Am Anfang ist es ein harter Fight, die notwendige Höhe mit Sicherheitsabstand zur Leeküste zu laufen, später dreht der Wind etwas gen Norden und es wird leichter. Wir passieren Santa Luzia im Norden. Eine unbewohnte Insel, leider darf man da nicht hin – Naturschutzgebiet. Die Behörden hier haben zwar kein Boot zur Kontrolle, aber ein Sea Shepard Boot ist unterwegs und zeigt die bösen Skipper an, die dort über Nacht vor Anker liegen. Die einheimischen Fischer übernachten da aber regelmäßig. Nun, wir wissen, dass das Sea Shepard Boot am Wochenende nicht unterwegs ist, lassen es aber doch sein, eine Nacht dort zu verbringen.
Als wir uns Sao Nicolau nähern, wird aus den angekündigten 12 bis 15 Knoten Wind mehr als 30 Knoten. Wir befürchten schon das Schlimmste, den die Anchorage in Tarafal ist für die üblen Fallwinde berühmt-berüchtigt.
Shelly und James aus Canada haben uns gewarnt. Sie waren 6 Tage dort und konnten nur zwei Mal von Bord, sonst war es bei über 40 Knoten Wind nicht möglich, und zusätzlich hat es den beiden noch das Dinghi mit dran hängendem Außenborder im Sturm umgedreht. Motor unter Wasser – Stress und Arbeit….
Bow schlägt schon vor, einfach umzudrehen, aber es sind nur noch ein paar Meilen und wir können es ja mal checken…
Schwupp die Wupp – weg ist der Wind. Innerhalb von 300m von 30 Knoten auf nichts. Man konnte es schon an der Wasseroberfläche sehen, dass da nicht mehr viel ist. Es hat aber nichts mehr, 4 Knoten oder so.
Das verbliebene Groß im Reff 2 schnell runter geholt und es geht unter Motor die restlichen 4 bis 5 Meilen nach Tarafal.
Auch am Ankerfeld nichts, statt NE Sturm eine leichte SW Brise. Wir drehen vorsichtig eine Runde, viele Bojen und Leinen im Wasser, zudem ist das Wasser im „Hafen“ richtig dreckig. Wir gehen also in das entfernteste Ende, da ist das Wasser fast klar. Hinsichtlich dem Wind trauen wir dem Frieden nicht und ziehen die Kette küstenparallel aus, dann kann es blasen woher es will. Aber es kommt nichts… Um 15.15 Uhr ist der Haken eingegraben (siehe Bild oben..).

Am Montag heißt es dann, Dinghi klar machen und an Land fahren – einklarieren. Auf jeder Insel muss man hier zur Polizei und manchmal noch zum Hafenkapitän oder zur Immigration, je nachdem was es gerade vor Ort gibt. Am Strand seht schon das „Empfangskommitee“ in Form von Uslan- „I am the guide here…“.

I am the guide here… Uslan

Er will uns den Weg zur Polizei zeigen und was es sonst noch so gibt. Dann ist hier noch „Dinghi-watch“ üblich. Einer der am Strand herum hängenden jungen Leute (der Kupmpel von Uslan) „bewacht“ das Dinghi. Weg kommt es zwar wohl auch „ohne“ nicht, jedoch könnte es etwas dreckig werden, hat man uns gesagt. Also sind die 2 bis 3 Euro gut investiert…, vor allem wenn man bedenkt was unser Dinghi neu kostet…
Mit Uslan geht es bei sengender Hitze zur Polizei. Hier genügt ein One-Stop bei der Polizei. Alles geht flott und gelangweilt. Die Schiffspapiere bleiben bei der Polizei bis zum Auschecken, das ist hier so üblich. Bleibt zu hoffen, dass es dann so ein Wetter hat, dass man mit dem Dinghi an Land kommen kann….. sonst wird das nichts mit der Abreise.
Zurück in den „Stadtkern“, das Städtchen hat gerade mal 8000 Einwohner und die ganze Insel 16 000.
Noch schnell zum Supermarkt das Angebot checken und zum Fischmarkt und zum „mercado municipal“, dem Gemüsemarkt. Wir kaufen etwas Fisch und etwas Gemüse.
Wir fragen nach Mietwagen – Uslan weiß Rat. Vor dem Cafe wartet der Autovermieter. Wir entschließen uns, einen Pickup 4×4 zu mieten. Uslan spielt den Reiseführer.
Für seine Dienstleistungen heute will er 500 Escudo (ca 5 Euro), für den Ganztagsausflug morgen 30 Euro.. Na ja, was soll`s. Dank Corona hat es praktisch null Touristen hier, also mit uns insgesamt 5 ungefähr……
Zurück zum Dinghi und es gibt zuerst mal eine Diskussion mit dem Dinghi Boy – über die Kohle natürlich. Der war beim Weggehen gar nicht da und will nun 500. Bei einem Tagessatz von 200 bis 300. Wir haben uns aber vorher erkundigt und winken müde ab.
Ich bin sowieso genervt, bei der Polizei hatten wir Masken auf und mir ist es zwischenzeitlich etwas zu heiß geworden. Zurück im Boot stellt sich dann heraus, dass der Blutdruck deutlich erhöht ist – seit Monaten bzw. Jahren das erste Mal.
Wir werden uns dann handelseinig mit dem Dinghi-Boy, er darf auch morgen den ganzen Tag am Strand hocken und das Dinghi im Auge behalten – für dann 4 Euro.
Wir legen das Schiff nachmittags dann aus Sicherheitsgründen vor 2 aneinander geschäkelte Anker. Wir wollen weder Bruch noch ein abgedriftetes Schiff riskieren, wenn wir die Insel besichtigen.

Am nächsten Morgen sind wir früh aus und passieren noch Willi den Deutschen, der hier an der Boje hängt  und Alex den Engländer(?). Den letzteren hat es böse erwischt bei der Inselbesichtigung. An einer Bucht glaubte er zwischen zwei Wellen schnell wo rüber zu müssen und wurde prompt erfasst und in die Felsen geschlagen. Zwei andere haben ihn heraus gezogen, sonst wäre es das gewesen…. Der Arme hat zwar nichts gebrochen, aber Hämatome am Unterleib und an den Beinen, die keiner haben will. Mit Mühe kommt er aus seinem Boot gekrabbelt, ist aber ganz guter Laune zwei Wochen nach seinem Unfall. Wir fragen, ob er was braucht, er ist aber wunschlos glücklich anscheinend.
Am Strand wartet schon der Dinghi-Boy und Uslan. Auch der Wagenvermieter Typ „Zuhälter“ mit Goldkettchen ist schon am Cafe. Kurz den Mietvertrag ausgefüllt (äh ich selbst – könnte rein schreiben, was ich wollte….), 200 Euro Deposit und 65 Euro Leihgebühr und los geht es.

Uslan führt uns zuerst in ein Dörfchen das wir schon vom Meer aus bei der Ansteuerung gesehen haben. Wir steigen aus und laufen ein paar Meter, das Auto bleibt auf Nachfrage offen (auch die Fenster) – no problem…. Äh wow, das hätten wir alleine sicher nicht gemacht. Von uns sind sowieso keine Wertsachen im Auto, die hat Bow dabei, nur Trinken und Klamotten, von Uslan das Handy. Überall stehen und lungern im Schatten junge Männer herum, es wirkt nicht sehr vertrauenserweckend – aber es ist überall so. Normalität. Es gibt keine Jobs.
Als wir zurück kommen, fehlt natürlich nichts.
Weiter geht es in ein Bergdorf auf Kopfsteinpflasterstraßen. Hier wird es einspurig und nur noch Schotterstraße und prompt kommt uns ein LKW entgegen – also ein größeres Stück zurück.
Als wir dann dürfen, passieren wir eine junge Frau die zu Fuß mit Gepäck bergauf geht – ich lasse Uslan fragen, ob sie mitfahren möchte. Klaro, ein Lächeln huscht über das Gesicht der hübschen Schwarzen…. Am Endpunkt der Straße steigen alle aus und wir gehen noch ein paar hundert Meter ins Tälchen hinein. Sehr steil, sehr hübsch, aber da will ich nun mal wirklich nicht wohnen.

Waschtag – nix Waschmaschine….

Beim Rückweg donnert ein vielleicht 200 kg schwerer Brocken zehn Meter neben uns in den Graben – ich fühle mich an diverse üble Bergtouren erinnert. Weiter oben sind Bauarbeiten an der Weiterführung der Straße und mit der Sicherheit haben sie es nicht so hier… Noch mal Glück gehabt!
Wir fahren wieder runter und nun geht es zum ersten von den angekündigten drei „Wundern“. Eine wirklich schöne Erosionsform am Meer (hier hatt es Alex erwischt..).

Nach einigen Kilometern offroad
Am ersten „Wunder“

Danach geht es zur Hauptstadt Ribeira Brava. Luftlinie nur vielleicht 12 bis 15 km, zum Fahren 45. Marke ein Mal um die ganze Insel..

Wilde Nordküste von Sao Nicolau
Tiefblick auf Ribeira Brava – Hauptstadt der Insel

Hier bestellt Uslan das Mittagessen in einem Restaurant (in dem wir sicher nicht gegessen hätten) und für uns geht es zuerst mal weiter an die SE Küste in das schöne Dörfchen Preguica.

In Preguica

Zurück in der Hauptstadt geht es nun endgültig in Restaurant (und wir schließen erstmalig das Auto ab).
Das Essen ist ein typisch kapverdischer Eintopf mit Hühnchen und Ziege, schmeckt lecker, alles ist blitzsauber und mit 15 Euro für drei Personen inclusive Getränke und Salat gibt es wahrhaft nichts zu meckern.
Wir laufen die paar Meter in das hübsche aus der portugiesischen Kolonialzeit stammende Stadtzentrum und geben in der Kirche noch ein paar Klamotten für Bedürftige aus unserem Fundus ab. Auch hier großes Hallo und große Begeisterung.

Kolonialstil in Ribeira Brava
In Ribeira Brava

Weiter geht es zum zweiten „Wunder“. Ähnlich wie auf den Azoren gibt es Stellen, wo durch die ins Meer geflossene Lava Pools entstanden sind. Hier ist noch der „Hit“, dass bei besonders großen Wellen (hier um die 5 m Höhe im Moment) die Welle in den Pool schwappt. Wir schauen uns das an und Uslan springt schon mit einem gewagten Kopfsprung ins Becken – das sah gefährlich aus. Das Wasser ist glasklar und es ist nicht klar, wie tief es wirklich ist.

Uslan im Pool

Später gehe ich auch noch rein, eine herrliche Abkühlung, bin etwas heiß gelaufen. Das Wasser hat Stehhöhe! Kopfsprung aus 3 m Höhe ist hier keine gute Idee. Ganz Sportlehrer erkläre ich das Ganze Uslan und frage, ob er Rollstuhlfahrer werden möchte…..?
Ein weitere Whirlpool, den uns Uslan zeigt, kommt nicht in Frage – hier donnern dauernd die Wellen rein und wer nicht aufpasst, landet mit dem ablaufenden Wasser im Atlantik. Nein danke. Auch Uslan will hier heute nicht rein.
Das letzte „Wunder“ ist ein weißer oder heller Sandstrand. Nur über eine 6 km lange Piste zu erreichen. Ohne Allradfahrzeug keine Chance. Gar keine! Im nautischen Führer ist die Bucht als Ankermöglichkeit erwähnt. Sehr schön, hier werden wir mit dem Boot herkommen.

Das letzte „Wunder“ im Sonnenuntergang

Wir fahren zurück nach Tarafal, geben ohne Probleme das Auto ab und erhalten unsere Kaution zurück.
Für heute ist es genug und wir fahren in der Dunkelheit mit dem Dinghi zurück zum Ankerplatz.

Am nächsten Morgen am Mittwoch geht es in die Ankerbucht. Wieder meckert die Ankerwinsch, diesmal hängt ein zweiter Anker dran. Wir bekommen die Sache geregelt und fahren die drei Meilen. Der Wassermacher läuft und bis wir ankommen ist die Batterie fast leer, obwohl der Motor läuft.
Aus irgendeinem Grund liefert die Lichtmaschine nur 30 Ampere, zu wenig wenn alles in Betrieb ist. Wir müssen der Sache auf den Grund gehen und am Wassermacher wieder stromsparende Vordruckpumpen einbauen. Was ist segeln? Reparieren an den schönsten Plätzen der Welt!

Einsame Anchorage
Leine im Bugstrahlruder – Unterwasserarbeit ist angesagt
Unterwegs zum Schnorcheln – das Dinghi wird vor Anker gelegt
Herrliche Unterwasserwelt-Hae sollen kein Problem hier sein….
Fisch direkt vom Fischer – 4 Euro

Die Anchorage ist sehr schön, sehr abgelegen, nichts und niemand zu sehen, mal ein paar Fischer, die vorbei kommen.
Schnorcheln und schwimmen ist angesagt. Vorsichtig wird alles zuerst geprüft, es hat keine Strömung im Wasser. Schnorcheln ist wie im Aquarium. Heerscharen kleiner bunter Fische und auch größere bei weitgehend klarem Wasser. Überwältigend. Ach ja, das Wasser hat um die 28 Grad! Es gibt furchtbareres.
Am Freitag geht es kurz zum Aus-checken nach Tarafal, kleine Einkäufe und gleich wieder in die Ankerbucht. Am Samstag soll es zu wenig Wind haben, um nach Sao Vicente/Mindelo zurück zu fahren, dann bleiben wir den Samstag noch hier vor Anker und fahren am Sonntag bei Sonnenaufgang die 47 nm zurück.

Wir haben alle möglichen Optionen durch überlegt. Vermutlich geht es in einer Woche über den Atlantik nach Grenada und im März gleich durch den Panamakanal in den Pazifik.
Im Moment ist geöffnet Galapagos, franz. Polynesien und dann Indonesien sowie weiter dann Thailand und Myanmar. Extrem lange Schläge und die Mehrzahl der sehenswerten Inseln bleibt unerreichbar links und rechts an der Strecke liegen dank der unseligen „Maßnahmen“ in Sachen Corona.